Durch hohe Schneelasten auf Dächern kann es zu einer Gefährdung für Mensch, Tiere und Gebäuden führen. Sehr oft kommen in diesem Zuge „Hilferufe“ an die Einsatzkräfte der Feuerwehren bzw. des THWs. Die Schneeräumung ist aber keine originäre Aufgabe der Feuerwehr. Anders sieht es aus, wenn es zu einem konkreten Gebäudeeinsturz kommt bzw. eine konkrete Gefährdungslage erkannt wird. Somit kann es in der Einzelbetrachtung durchaus dazu kommen, dass Hilfskräfte im Rahmen der „Gefahrenabwehr“ bei der Schneelastbeseitigung mit eingebunden werden.
Ob es sich tatsächlich um eine konkrete Gefahrenabwehr handelt, kann insbesondere vom Laien nicht pauschal festgestellt werden. Vielmehr spielen hier Faktoren wie Statik, Schneelast und die Nutzung des Gebäudes eine große Rolle.
So ist es einsatztaktisch und rechtlich ein durchaus entscheidender Unterschied, ob es sich z.B. um das einsturzgefährdete Dach eines Altenpflegeheims handelt oder eines unbewohnten Nebengebäudes. Wichtig ist bei der Entscheidungsfindung vor Ort eine fachtechnische Beratung durch einen Fachmann; in der Regel einem Statiker.
Gerade aber in Grenzsituationen kann oft –insbesondere aufgrund der gebotenen Schnelligkeit -kein Statiker hinzugezogen werden, weil schlichtweg nicht erreichbar. Auch aus diesem Grund haben die Fachberater Bau der Feuerwehren des Landkreises, gemeinsam mit den Kameraden des THW Weingarten, ein System zur Schneelastbewertung entwickelt, welches insbesondere den örtlichen Einsatzleitern sehr wichtige fachtechnische und rechtliche Hinweise geben kann.
Um in diesem Einsatzfall vorbereitet zu sein, führte die Feuerwehr Schlier zum ersten Mal eine großangelegte Schneeräumübung an der Turn- und Festhalle Wetzisreute mit den Fachberatern Bau der Feuerwehren des Landkreises sowie mit dem THW Fachberater Bau durch.
Nach der Erkundung des Schadensobjekts durch den Einsatzleiter Kommandant Anton Walser und den Fachberatern Thomas Eisele (Feuerwehr Aitrach) und Christoph Pfender (Feuerwehr Schlier) sowie den Fachberatern Tobias Schweikhardt und Kevin Kärcher vom THW Weingarten, begann man mit dem auf dem Dach entnommenen Schneeproben die Schneelastmessung. Insbesondere gilt die Frage zu beantworten, bei welcher Schneelast ein Dach als gefährdet gilt und eine Schneeräumung unumgänglich ist bzw. ab wann die Standsicherheit des Gebäudes akut gefährdet ist und auf Grund drohender Einsturzgefährdung Maßnahmen zur teilweisen oder gesamten Sperrung des Gebäudes einzuleiten sind.
Parallel dazu wurden die Einsatzkräfte des THW Weingarten in die Übung eingebunden. Da angenommen wurde, dass das Gebäude durch die Schneelast einsturzgefährdet ist, rückte diese mit dem erst kürzlich in Dienst gestellten Einsatzstellen-Sicherungs-System (ESS) an. Von diesem höchst sensiblen Lasermesssystem gibt es nur 15 Stück in ganz Deutschland und nur eines in Baden-Württemberg. Das THW Weingarten ist damit Teil eines Projektes über den praktischen Einsatz dieses Systems. Es kann minimalste Bewegungen registrieren, welche für das menschliche Auge unsichtbar bleiben.
Dazu wurden von den Helfern des THW an den Dachträgern in der Turnhalle zwei Messspiegel angebracht, welche anschließend per Lasermessgerät vermessen wurden. Ein spezielles Computerprogramm kann die Messergebnisse sofort analysieren und grafisch darstellen. Das ESS wird in Zukunft u.a. bei Einsturzgefährdeten Gebäuden, drohenden Erdrutschen oder Felsstürzen zum Einsatz kommen.
Danach wurde von den Fachberatern ein Schneeräumplan erstellt, um die Konstruktion nicht durch das Gewicht von den räumenden Helfer weiter zu belasten. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr Schlier begaben sich mit Hilfe der herangezogenen Drehleiter der Feuerwehr Weingarten sowie eines beorderten Hubarbeitsbühne auf das Hallendach. Durch Absturzsicherungen gesichert begannen die Feuerwehrmänner mit der Schneeräumung.
Das Gebäude wurde von den Einsatzkräften der Feuerwehr Schlier und des THW Weingarten ausreichend ausgeleuchtet.
Bei der Nachbesprechung im Gerätehaus zeigten sich alle Beteiligten zufrieden mit der Übung. Die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert und es konnten wertvolle Erfahrungen gesammelt werden. Für die Zukunft sind weitere gemeinsame Übungen geplant.
An der Übung beteiligt waren die Feuerwehr Schlier mit drei Fahrzeugen und 35 Einsatzkräften, Feuerwehr Weingarten mit zwei Fahrzeugen und 4 Einsatzkräften, zwei Fachberater Bau der Feuerwehren des Landkreises und das THW Weingarten mit zwei Fahrzeugen und 8 Einsatzkräften.